Weitere Behandlungsmöglichkeiten
bei Zahnarztangst

6 WEITERE MÖGLICHKEITEN, WIE ZAHNÄRZTE ANGSTPATIENTEN HELFEN KÖNNEN

Zunächst einmal: Das A und O ist für Angstpatienten Kommunikation und Kontrolle.[1] Bei Zahnarztangst sind Zahnärzte gefragt, die nach dem Prinzip „Erklären, Zeigen, Tun“ („Tell, show, do“) vor der Behandlung erläutern, was gemacht wird und auch während der Behandlung vor jedem Behandlungsschritt erklären und demonstrieren, was jetzt zu erwarten ist. Die das OK des Patienten abwarten, bevor sie anfangen, und auf ein vorher vereinbartes Zeichen hin die Behandlung sofort unterbrechen. Wenn von vornherein klar ist, dass eine Behandlung jederzeit unterbrochen oder sogar abgebrochen werden kann, gibt das Angstpatienten die Sicherheit, die sie brauchen, um sich der Herausforderung zu stellen. Niemand fühlt sich gern wie ein Hindernis für den perfekten Ablauf einer Prozedur, in deren Mittelpunkt er eigentlich stehen sollte – und Angstpatienten sind da besonders empfindlich.

Aus den üblichen Texten auf Zahnarzt-Webseiten können Sie oft nicht auf die diesbezüglichen Fähigkeiten eines Zahnarztes schließen: Um herauszufinden, wie gut ein Zahnarzt mit Ihnen als Angstpatient umgehen kann, sind Sie es zunächst, die gut und klar kommunizieren müssen. Sprechen Sie von Ihrer Angst, und von den Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Sie sich der Zahnbehandlung stellen können. Der Zahnarzt reagiert mit Unverständnis oder wirkt genervt? Suchen Sie sich einen anderen.

Im Folgenden haben wir noch einige konkrete Möglichkeiten zusammengetragen, wie Zahnärzte Angstpatienten die Behandlung erleichtern können.

6.1 AKUPRESSUR

Die Akupressur wird zu den alternativen Heilmethoden gerechnet, hat aber durchaus auch in schulmedizinisch arbeitenden Zahnarztpraxen Verbreitung gefunden.[2] Die traditionelle chinesische Medizin kennt einen ganzen Katalog von Akupressur- bzw. Akupunkturpunkten, durch deren Stimulation sich bestimmte Beschwerden oder Organsysteme ansprechen lassen. Im Fall der Akupressur erfolgt die Stimulation nicht mit einer Nadel, sondern durch sanften Druck.

Akupressur in der Zahnarztpraxis wird bei Zahnbehandlungen und Prophylaxemaßnahmen erfolgreich eingesetzt zur

  • Beruhigung und Angstlinderung
  • Schmerzlinderung
  • Linderung des Würgereizes

Starke Schmerzreize kann die Akupressur nicht „übertönen“ – aber viele Patienten finden, dass sie den Einstichschmerz bei der Injektion eines Lokalanästhestikums, den unangenehmen Druck beim Einsetzen der Kofferdam-Klammern, die Zahnsteinentfernung am Zahnfleischrand oder ein kleines „Ziepen“ des Bohrers tatsächlich viel erträglicher machen kann. Dass sie sich generell ruhiger fühlen, und dass auch ein überaktiver Würgereiz auf Akupressur gut anspricht.[3]

Akupressurpunkte können durch den Behandler selbst, durch den Patienten oder eine Begleitperson, aber auch durch Armbänder oder Bandagen mit kleinen “Noppen“ bzw. ein sogenanntes Kugelpflaster stimuliert werden.

EINE AUSWAHL WICHTIGER AKUPRESSURPUNKTE FÜR ZAHNBEHANDLUNGEN

Schmerz: Di-1 (Shang Jang) und Di-4 (He Gu)

Die beiden Punkte Di-1 und Di-4 liegen auf dem sogenannten Dickdarmmeridian. Stimulation von Di-4 (auf dem Handrücken zwischen Daumen und Zeigefinger) setzt schmerzreduzierende Endorphine frei. Di-1, der sogenannte Meisterpunkt für Zahnschmerzen (fast an der Spitze des Zeigefingers) wirkt spezifisch auf den Bereich von Mund und Kiefer.

Würgereiz: KG-24 (Cheng Jiang) und P-6 (Nei Kuan oder Nei Guan)

KG-24 befindet sich zentral in der “Grube“ unterhalb der Unterlippe, P-6 innen am Handgelenk zwischen den beiden Sehnen, drei Fingerbreit oberhalb der Handgelenksbeugefalte. KG-24 verringert Würgereiz und Speichelfluß, P-6 wirkt gegen Übelkeit und beruhigt.

Angstlinderung und Beruhigung: LG 20 (Bai Hui) und KH 3 (In Tang), P 6 und He 7 (Shen Men)

Neben dem bereits erwähnten P 6 wirkt besonders auch He 7 (in der Beugefalte des Handgelenks auf der Seite des kleinen Fingers zwischen den dort tastbaren rundlichen Handwurzelknochen) beruhigend und angstlösend. Bei großer Unruhe sind LG 20, der Punkt des hundertfachen Zusammentreffens (oben auf dem Kopf, ein Stückchen hinter dem Haaransatz) und KH 3 (mittig zwischen den Augenbrauen) wichtige Punkte für die Akupressur.

Akupressur-Spezialisten kennen noch viele weitere Punkte, deren Stimulation die Wirkung der hier aufgeführten Punkte unterstützen kann oder die zusätzliche Wirkungen aufweisen.

Das Schöne: Sobald Sie die Punkte finden können, sind Sie jederzeit in der Lage, sie selbst zu stimulieren und so Schmerzen, Angstgefühle oder Würgereiz zu bekämpfen.

6.2 HYPNOSE

Nicht nur Heil- oder Psychotherapeuten, sondern auch manche Zahnärzte haben sich in Hypnosetechniken fortgebildet, um ihren Patienten zu helfen. Die zahnärztliche Hypnose bringt viel für „einfach nur“ nervöse Patienten und für Patienten mit leichter bis moderater Zahnarztangst. Bei einer regelrechten Angststörung sind die Ergebnisse durchwachsen: Niemand kann gegen seinen Willen hypnotisiert werden – Sie müssen zumindest kooperationsbereit sein.

Die Hypnose versetzt Sie in einen Trancezustand – einen Zustand tiefer körperlicher und geistiger Entspannung, in dem Ihre Gefühle und Wahrnehmungen von der Realität der Zahnbehandlung vollkommen entkoppelt sind. In diesen Zustand gelangen Sie durch Suggestion.

Der Zahnarzt spricht zu Ihnen und nutzt dabei besondere, suggestive Formulierungen und einen speziellen Tonfall.[4] Die Hypnose beginnt mit der Einladung, die Muskeln von Füßen, Beinen, Armen und Händen schwer, Hände und Wangen warm werden zu lassen, den eigenen, ruhigen Atem wie langsam anbrandende Wellen der Entspannung zu spüren. Zusätzlich kann der Hypnotiseur Ihnen sogar das Taubwerden bestimmter Körperteile (z.B. der Wangen) nahelegen und damit Ihr Schmerzempfinden beeinflussen. Ihrer nach innen gelenkten Aufmerksamkeit wird nun meist eine bildhafte Vorstellung angeboten – manche Zahnärzte erzählen Ihnen eine detailreiche Geschichte, in der Sie vorkommen, andere laden Sie ein, sich selbst an einen anderen Ort zu entführen. Sie dürfen sich zum Beispiel vorstellen, in einer tiefblauen Lagune zu schwimmen, am Strand zu joggen oder in einer grünen Hügellandschaft Auto zu fahren. Der Hypnotiseur wird Sie anregen, Ihren inneren Ort mit vielen sensorischen Details auszugestalten: Wie sieht es dort aus, welche Geräusche sind zu hören, wonach riecht es. Dadurch, dass Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit entspannt auf diese Suggestion fokussieren, blenden Sie die Außenwelt aus, ohne wirklich von ihr abgeschnitten zu sein.

Das klingt vielleicht seltsam – aber 10 bis 15 % aller Menschen sind tatsächlich stark empfänglich, weitere 65 bis 70 % moderat empfänglich für hypnotische Suggestion (diese Zahlen werden jedenfalls häufig genannt, wenn es um Hypnose geht). Sie können sich in Tagträumen, in einer Tätigkeit, beim Musikhören oder über einem Buch so vollkommen verlieren, dass Sie nichts anderes mehr mitbekommen? So ungefähr läuft das bei der Hypnose auch.

Aber auch ohne Sie in Trance zu versetzen, kann ein Zahnarzt mit Hypnose-Erfahrung seinen Patienten zum Beispiel beim Setzen der Lokalanästhesie oder bei der gefürchteten Abdrucknahme mit dem Abformlöffel Entspannung vermitteln: durch seinen Atem, seine ruhige Präsenz und andere nonverbale hypnotische Elemente. Selbstverständlich können Hypnosetechniken auch durch angstlösende Medikamente unterstützt werden.

6.3 BOHRERFREIE KARIESBEHANDLUNG (ICON KARIESINFILTRATION)

Die bohrerfreie Kariesbehandlung ist ein wahr gewordener Traum. Leider ist sie nur für Karies im Frühstadium eine Option – also für die weichen, weißlichen Stellen, die der Zahnarzt bei der Zahnuntersuchung mit seiner Sonde ertastet. Das hilft Patienten mit Zahnarztangst, deren Karies weit über dieses Stadium fortgeschritten ist, leider erst einmal überhaupt nicht weiter: Kariesläsionen, bei denen es bereits richtige „Löcher“ im Zahn gibt, müssen nach wie vor mit dem Bohrer behandelt werden. Aber vielleicht ist das Wissen um die Möglichkeit der minimal invasiven Kariesbehandlung eine Erleichterung, wenn es um die Aufrechterhaltung Ihrer wiederhergestellten Mundgesundheit geht: Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und ein Zahnarzt, der die Icon-Technik anbietet, könnten Ihnen dann den Bohrer für alle Zeiten ersparen…

Was passiert bei der bohrerfreien Kariesbehandlung? Eigentlich wird nur ein Flüssigkunststoff auf den Zahn aufgebracht, der überall da, wo der Zahn durch die beginnende Karies porös geworden ist, in alle Poren eindringt. Es handelt sich um einen ähnlichen lichthärtenden Kunststoff wie den, der auch für Kunststofffüllungen zum Einsatz kommt – nur enthält das Material hier keine pulverisierten Feststoff-Zusätze und ist deshalb zunächst ganz flüssig. Vor der Kunststoffinfiltration wird die Schmelzoberfläche angeätzt und dann gründlich getrocknet – Aufrauen durch Ätzen stärkt, Feuchtigkeit schwächt die Bindung zwischen Kunststoff und Zahnschmelz. Kurzes Bescheinen mit einer UV-Lampe härtet den Kunststoff aus – auch das kennt man bereits von den Kunststofffüllungen. Nun ist der Zahnschmelz an der zuvor kariösen Stelle wieder hart, mit glatter, glänzender Oberfläche; die Karies ist gestoppt.

6.4 LAST BUT NOT LEAST: DIE „DREI-TERMIN-THERAPIE“

Die „Drei-Termin-Therapie“ – so wird sie von Zahnärzten meist genannt (auch wenn es vielleicht einmal ein Termin mehr oder weniger werden kann) – dürfte wohl ziemlich exakt der Wunschvorstellung der meisten Angstpatienten entsprechen. Eine Voruntersuchung und zwei Behandlungstermine, bei denen unter Vollnarkose zunächst die notwendigen Sanierungen durchgeführt werden und dann der provisorische Zahnersatz durch permanenten ersetzt wird: Das ist die Behandlung, die Sie von allen Möglichkeiten die wenigste Überwindung kostet – und nach der Sie mit perfektem Gebiss und ohne jede Erinnerung an das Geschehene wieder aufwachen. Keine Frage: eine sehr attraktive Lösung.

Es gibt (leider) keine wissenschaftlichen Studien zum Langzeiterfolg der „Drei-Termin-Therapie“. Zahnärzte sind über ihren Wert geteilter Meinung (die Anbieter der Therapie sind natürlich überzeugt :) ). In der wissenschaftlichen Community neigt man eher dazu, solche ganz schnellen Lösungen etwas problematisch zu finden. Der Grund dafür: Durch diese „Dornröschen“-Behandlung haben Sie nicht einmal ansatzweise neue Fähigkeiten für das zukünftige Management Ihrer Angst erlernt – und das kann mit einiger Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass Sie sich von den regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen und kleinen Reparaturen, die nun notwendig sind, um Ihre wiederhergestellte Mundgesundheit auch aufrechtzuerhalten, doch wieder überfordert fühlen und einfach in das alte Vermeidungs-Muster zurückfallen. Auch wenn es sicher nicht für jeden die monatelange Psychotherapie sein muss: Es kann schon ganz sinnvoll sein, ein bisschen mehr Arbeit zu investieren. Wenn Sie sich für die „Drei-Termin-Therapie“ interessieren: Fragen Sie beim Vorgespräch doch einfach nach, wie man Sie nach abgeschlossener Therapie dabei unterstützen kann, Ihr Gebiss weiterhin gesund zu halten, und überlegen Sie, ob Sie die Antwort überzeugend finden.

[1] Strategies to manage patients with dental anxiety and dental phobia: literature review. D.P.Appukuttan. Clinical, Cosmetic and Investigational Dentistry 8 (2016), S.35

[2] Sanfter Druck mit großer Wirkung – Die Akupressur bei der Individualprophylaxe. G.Zehner. Zahnarzt Wirtschaft Praxis Online (28.2.2011)
Online: https://www.zwp-online.info/fachgebiete/prophylaxe/prophylaxe/sanfter-druck-mit-grosser-wirkung

[3] Altering the gag reflex via a palm pressure point. D.Scarborough et al. Journal of the American Dental Association 139:10 (2008), S.1365
Online: http://jada.ada.org/article/S0002-8177(14)65414-3/fulltext

[4] The Use of Verbal Relaxation Therapy for Sedation During Dental Therapy. R.A. Atterbury. Anaesthesia Progress 31:1 (1984), S.27
Online: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2235788/?page=1

 

Ärzte für Angstpatienten 

in München & Zürich

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Dr. med. dent. Martin Desmyttère MSc, MSc

Facharzt für Zahnheilkunde

München

Dr. Desmyttère

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med. dent. MSc.
Ilyas Gabriel

Master of Science in der allgemeinen Zahnmedizin

Zürich

med. dent. Gabriel

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Dr. med. dent. Rasco Brietze, MSc., MSc., MSc.

Zahnarzt

Zürich

Dr. Brietze